Kamerun - Geschichte

Vorkoloniale Geschichte

Über die Frühgeschichte Kameruns ist nur wenig bekannt, da die „Entdecker“ und späteren Kolonialherren weder das Verständnis noch das Interesse an der Geschichte und den Traditionen der ansässigen Stämme hatten. So blieb dieser Teil der afrikanischen Geschichte in fast allen Ländern unerforscht.

Allerdings bezeugen zahlreiche bearbeitete Steine, dass das Land seit prähistorischen Zeiten bewohnt war. Seit der Antike wurde Handel mit dem Mittelmeerraum betrieben und vor allem Güter wie Elfenbein, exotische Felle und Federn sowie Natron exportiert. Importiert wurden aus den nordafrikanischen Ländern Perlen, Bronze, Salz und Stoffe. Kamerun war zu dieser Zeit von Pygmäen bewohnt, die als eigentliche Ureinwohner gelten. Ungefähr im 10. Jahrhundert n. Chr. ließen sich die Sao-Leute am Tschadsee nieder und entwickelten eine Kultur, die vor allem durch zahlreiche Terrakottafunde und Bronzeschmuck bekannt wurde. Im 14. und 15. Jahrhundert wurden die Sao-Leute in das Adamaoua Hochland vertrieben. Die aus dem Sudan und Abessinien kommenden Massa, Moundang und Toupouri blieben zum Teil in Kamerun und vermischten sich mit der ansässigen Bevölkerung. Zur gleichen Zeit wanderten in das zentrale Hochland Kameruns, die aus dem oberen Nil stammenden Bantus Bamiléké, Banen und Bassa ein. Eine zweite Einwanderungswelle der Bantu fand im 17. Jahrhundert von Süden her statt, hauptsächlich die Douala. 1805 erhob sich eine Gruppe der im 18. Jahrhundert eingewanderten islamischen Peul in Nigeria, und der ausgerufene „heilige Krieg“ weitete sich bis nach Nordkamerun aus, wo man sich gegen die einheimischen, animistischen Stämme wandte. Nach der Überwältigung dieser wurde unter dem islamischen Führer Adama das Adamaoua Reich als Zusammenschluss peulischer Fürstentümer gegründet. Im 19. Jahrhundert folgten Fangs und siedelten im Süden Kameruns. Auf diese Weise entstand über Jahrhunderte durch Einwanderung immer neuer Stämme die vielfältige Kultur Kameruns.

Koloniale Geschichte

1472 ankerte der portugiesische Seefahrer Fernaô Dô Pôô, nach dem früher eine Insel benannt war, im Wouri Fluss. Wegen der zahlreichen Garnelen wurde dieser „Rio dos Camaroes“ genannt. Später ging der Name auch auf die Stadt Douala und schließlich auf das ganze Land über. Die verschiedenen Händler, Missionare und Kolonialmächte passten den Namen dann so lang an, bis die heutigen Schreibweisen Cameroun (französisch), Cameroon (englisch) und Kamerun (deutsch) entstanden.

Zunächst betrieben die Portugiesen erfolgreich mit den Douala Fürsten Handel, besonders Elfenbein, Pfeffer, Palmöl und Sklaven waren gefragt. Langsam bauten auch die Engländer entlang der nigerianisch-kamerunischen Küste Handelsbeziehungen auf und erklärten 1807 die Sklaverei für illegal.  Erst 1840 unterzeichneten die Douala Fürsten Beleb a Doo und Ngand’a Kwa, wegen ihrer großen Autorität „King Bell“ und „King Akwa“ genannt, einen offiziellen Vertrag über das Verbot. Kurz darauf gründete der englische Baptist Joseph Merrick in Bimbia, Westkamerun, die erste Missionsstation des Landes. Sein Kollege Alfred Saker gründete 1858 die Stadt Victoria.

Auch die Deutschen gewannen ab 1868 an Einfluss, vor allem durch die Beziehungen der Handelshäuser C. Woermann und Jantzen & Thormählen. Am 12. Juli 1884 unterzeichnen die beiden Douala Fürsten einen Beistandspakt mit der deutschen Regierung, vertreten durch Dr. Gustav Nachtigal, und Kamerun wurde zum deutschen Schutzgebiet. Den Douala ging es dabei wahrscheinlich hauptsächlich um die Sicherung ihrer direkten und exklusiven Handelsbeziehungen. Die Kolonialmacht hingegen war mehr an der ökonomischen Nutzung interessiert, was zu einer Ausbeutung sämtlicher Ressourcen führte. Mit der deutschen Kolonialzeit begannen die Erschließung des Landes unter Eugen Zintgraff und die Grenzziehung. Im 20. Jahrhundert wurde die Verwaltung ausgebaut und die Wirtschaft durch Ausgabe von Landkonzessionen gefördert. Danach erst folgten der Aufbau von Plantagen, Straßen- und Eisenbahnnetz, Schulen und Krankenhäusern. Die Plantagen bedeuteten für viele Völker Enteignungen und die unfreiwillige Rekrutierungen von Arbeitern und dezimierten ganze Landstriche.

1914 erklärte Deutschland Frankreich den Krieg und auch auf afrikanischem Boden wurde gekämpft. Am 20. Februar 1916 kapitulierte der deutsche Kapitän von Raben in Kamerun. 2000 Deutsche und 100.000 Kameruner konnten gegen die aus Nigeria kommenden Engländer sowie die aus dem Tschad und Gabun kommenden Franzosen keinen Widerstand mehr leisten. 30.000 Kameruner hatten ohne Feuerwaffen für das Deutsche Reich gekämpft und waren gestorben.

Nach der Übergangsperiode teilte der Versailler Vertrag 1919 Kamerun in zwei ungleiche Teile und sprach das Land Frankreich und England zu, wobei England zwar den kleineren, aber weitaus reicheren Teil mit allen deutschen Plantagen erhielt. Der anglophone Teil Kameruns wurde nach dem dezentralisieren Vorbild Nigerias in zwei Provinzen geteilt: Britisch-Nordkamerun und Britisch-Südkamerun.

Frankreich übertrug sein zentralisiertes Verwaltungssystem auch auf Kamerun und errichtete planmäßig Schulen, Krankenhäuser, baute Straßen- und Eisenbahnnetz aus und investierte vor allem in afrikanische Familienbetriebe statt Großplantagen. Mit dem zweiten Weltkrieg wurde allerdings die Kritik an den Kolonialmethoden und vor allem der militärischen Einbeziehung der Einheimischen immer stärker. Kamerun erhielt den Status der „Communauté Française d’outre Mer“ und konnte so ab 1946 durch zwei kamerunische Senatoren in der Nationalversammlung vertreten werden. Dies war den Kamerunern jedoch zu wenig. 1948 gründete sich unter Ruben Um-Nyobé die „Union des Populations du Cameroun“ (UPC), die die sofortige Unabhängigkeit und Wiedervereinigung Kameruns forderte. Frankreich versuchte seine Macht zu wahren, indem es ein französisch-kamerunisches Parlament zur Ausarbeitung der Verfassung einberief und 1957 André-Marie Mbida zum ersten kamerunischen Premierminister ernannte. Aber erst mit Charles de Gaulles’ Amtsantritt wurde die neue Verfassung verabschiedet und die Unabhängigkeit für den 1. Januar 1960 bestimmt.

Im westlichen Kamerun verlief der Prozess anders. England beschloss 1946 seinen Teil Kameruns an Nigeria anzugliedern, da für die Kolonie kein Budget vorgesehen war. Die nigerianischen Gouverneure übernahmen die Landesverwaltung. 1954 erhielt die Provinz Südkamerun auf Grund einer Verfassungsänderung interne Autonomie, der nördliche, rohstoffreichere Teil jedoch wurde nun direkt von Nigeria regiert und erhielt erst 1957 seine Selbstständigkeit. Im Februar 1961 fand in beiden Teilen eine Volksabstimmung über die Wiedervereinigung mit dem frankophonen Kamerun statt. 70 % der Südprovinz entschieden sich dafür. In der Nordprovinz entschieden sich rund 60 % für die Angliederung an Nigeria. Es wird behauptet, dass die Wahlen manipuliert waren, um den ertragreichen Norden nicht an Kamerun zurückgeben zu müssen. Am 1. Oktober 1961 wurde Britisch-Südkamerun an das bereits unabhängige frankophone Kamerun angliedert.

Entwicklung nach der Unabhängigkeit

Mit der Wiedervereinigung und der Gründung der Republik Kamerun 1961 trat auch das Regime des Diktators El Hadj Ahmadou Ahidjo Babatoura, kurz Ahidjo genannt, seine Amtsperiode an. Die von Kommunisten unterstützte UPC bestritt ihm und seiner Partei jedoch das Recht Kamerun zu führen. Sie hatte vor allem im Süden Kameruns eine breite ethnische Unterstützung gegen den aus dem Norden stammenden Präsidenten. Ahidjo wandte sich an die Franzosen, die ihn im Kampf gegen die Rebellen militärisch unterstützten, dafür aber auch lange Dankbarkeit forderten. Mit der Gründung der Union Nationale Camerounaise (UNC) 1966 weitete sich Ahidjos Macht aus, denn sie wurde zur führenden Partei Kameruns und alle Oppositionellen wurden durch Repressalien aufgerieben oder mundtot gemacht.

1972 wurde per Volksentscheid die Umwandlung zum zentralistischen Einheitsstaat beschlossen und Kamerun in sieben Provinzen mit 39 Departements unterteilt. Ahidjo wollte nach dem beendeten Bürgerkrieg mit der UPC das Land und seine vielen Völker einen und so die ökonomische Entwicklung vorantreiben. Er stützte sich dabei auf die modern orientierten Fulbe Eliten, die administrative Elite des Südens und das Militär. So erreichte Ahidjo bei Wahlen Erfolge bis zu 95 %.

1982 trat Ahidjo überraschend von seinem Amt zurück und sein Premierminister Paul Biya übernahm die Staatsführung. Im darauf folgenden Jahr wollte Ahidjo zurückkehren, doch dies löste Proteste und eine vorgezogene Wahl im Jahr 1984 aus, aus der Biya mit fast 100 % Bestätigung als Sieger hervorging. Als Vorsitzender der UNC benannte Paul Biya diese 1985 in RDPC (Rassemblement Démocratique du Peuple Camerounais) um.

Durch eine Generalamnestie und ein neues Parteiengesetz 1990 kam es zur allmählichen Rückkehr von Emigranten und zur Gründung von ca. 160 neuen Parteien, darunter auch die Hauptoppositionspartei SDF (Social Democratic Front). Nachdem 1991 bei generalstreikähnlichen Protesten und Demonstrationen rund 300 Menschen im Land gestorben waren, wurden ein neues Wahlgesetz und Verfassungsreformen ausgearbeitet. Im folgenden Frühjahr gewann die RDPC bei den Parlamentswahlen wieder die relative Mehrheit, allerdings nur auf Grund des Boykotts der Oppositionsparteien. 1996 trat die Verfassungsänderung in Kraft, die unter anderem die Präsidialperiode auf sieben Jahre verlängerte. Bis heute wurde Paul Biya und seine Partei RDPC in Parlaments- und Präsidialwahlen immer wieder bestätigt, zum Teil unter Boykott der großen Oppositionsparteien und Unregelmäßigkeiten.

Kamerun gilt heute laut Freedom House als politisch unfreies Land. Die dominante Stellung des Präsidenten in der Verfassung, Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen, wenig Einfluss des Parlaments und der Oppositionsparteien auf die Politik, hohe Korruption, Repressalien gegen regimekritischen Journalismus sowie die Unterdrückung von Frauen und ethischen Gruppen sind dafür verantwortlich.

Kamerun gehört zu dem Commonwealth of Nations, obwohl es nie vollständig englische Kolonie war. Es besteht heute aus 10 Provinzen.

Bei den ethischen Gruppen unterscheidet man Hochlandvölker (31 %), die äquatorialen Bantu (19 %), die Kirdi (11 %), die Fulbe (10 %), die nordwestlichen Bantu (8 %), im Osten die Nigritic (7 %) und weitere kleinere Völker, die zusammen 14 % stellen.